Das Drei-Säulen-Prinzip: Sozialversicherungen der Schweiz
Die Schweiz wird oft als Sozialstaat bezeichnet, da sie eine Vielzahl von Versicherungen hat, die darauf abzielen, das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Neben der Gesundheitsversorgung, dem Bildungssystem, den Arbeitnehmerrechten und der Sozialhilfe verfügt die Schweiz über viele Versicherungen, welche im sogenannten Drei-Säulen-Prinzip abgedeckt und als Sozialversicherungen bezeichnet werden. In diesem Ratgeber erklären wir das Drei-Säulen-Prinzip und die damit verbundenen Sozialversicherungen.
Überblick über das Schweizer Sozialversicherungssystem
Das Ziel der Sozialversicherungen in der Schweiz besteht darin, die soziale Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger über alle Lebensphasen zu gewährleisten. Einerseits in Phasen der Arbeitstätigkeit wie beispielsweise die Absicherung im Krankheitsfall, bei Invalidität, bei Arbeitslosigkeit oder bei Unfällen und andererseits in Phasen des Aufbaus der Altersvorsorge sowie der Absicherung von Hinterbliebenen im Todesfall, beispielsweise durch Witwen- und Witwerrenten sowie Kinderrenten. Weitere oft wenig bekannte Leistungen sind die Finanzierung von Hilfsmitteln sowie die Hilflosenentschädigung.
Das 3-Säulen-Prinzip einfach erklärt
Das Fundament des Sozialversicherungssystems in der Schweiz ist in drei Hauptbereiche unterteilt, auch bekannt als die 3 Säulen.
Die erste Säule umfasst die für alle in der Schweiz wohnhaften oder arbeitstätigen Personen obligatorischen Sozialversicherungen. Aus diesem Grund wird diese Säule in der Umgangssprache auch als «Staatliche Vorsorge» bezeichnet.
Die zweite Säule regelt die berufliche Vorsorge. Diese Säule wird unterteilt in einen obligatorischen Teil, welcher gesetzlich verankert und obligatorisch ist (manchmal auch als «Säule 2a» bezeichnet), und einen Teil, welchen man im Bereich des ausserobligatorischen Teils auch Unterobligatorium sowie Überobligatorium nennt (Säule 2b).
Bei der dritten Säule spricht man von der privaten Vorsorge. Auch diese Säule ist unterteilt in zwei Bereiche, den Bereich der gebundenen Vorsorge (3a) und den Bereich der freien Vorsorge (3b).
Die Entstehung und die Geschichte der Sozialversicherungen in der Schweiz erläutern wir in unserem Artikel «Die Geschichte der Schweizer Sozialversicherungen».
Die 1. Säule: Staatliche Vorsorge
Die erste Säule, auch staatliche Vorsorge genannt, dient dazu, den Bewohnerinnen und Bewohnern der Schweiz nach Erreichen des Referenzalters das Existenzminimum zu garantieren. Auch Bewohnerinnen und Bewohner ausserhalb der Schweiz, welche während einer Mindestbeitragszeit von einem Jahr Beiträge an die AHV einbezahlt haben, erhalten eine AHV-Rente. Hier sind allenfalls Bestimmungen von Sozialversicherungsabkommen zu beachten.
Die staatliche Vorsorge deckt die obligatorischen Sozialversicherungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die Invalidenversicherung (IV) und Ergänzungsleistungen (EL) ab.
Vorsorge für Unselbständigerwerbende
Im Schweizer Vorsorgesystem gibt es wesentliche Unterschiede zwischen unselbständigerwerbenden und selbständigerwerbenden Personen. Eine Person, welche ein Beschäftigungsverhältnis bei einer Arbeitgeberin hat und ein festes Gehalt bezieht, wird in der Schweiz als unselbständigwerbend bezeichnet. Typische Beispiele für unselbständige Personen sind Angestellte in einem Unternehmen, Personen des öffentlichen Dienstes sowie Lehrlinge und Praktikanten. Eine Unternehmerin, welche beispielsweise eine eigene GmbH oder AG (juristische Person) besitzt, gilt ebenso als angestellte Person ihrer eigenen Firma. Im folgenden Abschnitt erklären wir das Vorsorgesystem für diese Personen.
Staatliche Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV)
Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) in der Schweiz sichert zwei Bereiche ab. Einerseits soll durch die AHV der Lebensstandard von Rentnerinnen und Rentnern gesichert und ein angemessener Lebensunterhalt im Alter gewährleistet werden, ohne dass sie vollständig auf weitere staatliche Unterstützung angewiesen sind. Andererseits dient die AHV auch zur Absicherung von Hinterbliebenen im Falle des Todes einer oder eines Versicherten, indem sie Witwen-, Witwer- und Waisenrenten vorsieht.
Die AHV funktioniert nach dem Solidaritätssystem, auch Kapitalumlageverfahren genannt, was bedeutet, dass vereinnahmte AHV-Beiträge direkt für Rentnerinnen und Rentner oder Hinterbliebene ausgegeben werden. Die AHV finanziert sich daher unter anderem durch Beiträge von erwerbstätigen Personen in der Schweiz, aber auch durch sogenannte Nichterwerbstätigenbeiträge.
Die Beitragspflicht von erwerbstätigen Personen startet ab dem 1. Januar nach dem 17. Geburtstag und endet mit der Aufgabe der Erwerbstätigkeit. Sofern Personen ihre Erwerbstätigkeit vor Erreichen des Referenzalters (Stand 2024 für Männer 65 Jahre und für Frauen 64 Jahre) aufgeben, bleiben sie als Nichterwerbstätige bis zum Erreichen des Referenzalters trotzdem beitragspflichtig. Wir verweisen dazu auf die nachfolgenden Ausführungen. Personen, die über das Referenzalter hinaus erwerbstätig sind, bleiben weiterhin auf ihrem Einkommen beitragspflichtig. Sie können aber von einem Freibetrag (Stand 2024: CHF 16'800) profitieren, auf dem keine AHV-Beiträge mehr geschuldet sind.
Aktuell (Stand 2024) beträgt der Beitragssatz für die AHV 8.7% des Bruttosalärs. Dieser wird je hälftig von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden finanziert (daher je 4.35 %). Daneben fallen auch Beiträge an die IV (1.4 %) und die EO (0.5 %) an. Auch diese Beiträge werden hälftig aufgeteilt.
Zusätzlich sind bis zu einem Jahreslohn von CHF 148’200 Beiträge an die Arbeitslosenversicherung geschuldet, welche ebenfalls hälftig geteilt werden (Stand 2024: 2.2 %, Anteil Arbeitnehmer und Arbeitgeber je 1.1 %). Die von den Ausgleichskassen erhobenen Verwaltungskosten sowie die Beiträge an die Familienausgleichskasse zur Finanzierung der Kinderzulagen gehen hingegen vollumfänglich zu Lasten der Arbeitgebenden. Die Höhe dieser Kosten variiert je nach Ausgleichskasse.
Basis für die Berechnung des steuerbaren Einkommens in den privaten Steuererklärungen der Arbeitnehmenden bildet der Nettolohn. Die bezahlten Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen sind vollumfänglich steuerlich abzugsfähig.
AHV-Nichterwerbstätigenbeiträge
In der Schweiz wohnhafte oder erwerbstätige Personen sind obligatorisch in der AHV versichert. Die AHV unterscheidet zwischen erwerbstätigen und nichterwerbstätigen Personen. Als nichterwerbstätige Personen gelten beispielsweise Studierende, IV-Bezügerinnen und -Bezüger, vorzeitig Pensionierte, aber auch Ehepartner von Pensionierten, die ihrerseits noch nicht im AHV-Rentenalter sind. Die Beitragspflicht für Nichterwerbstätige beginnt ab dem 1. Januar nach dem 20. Geburtstag und endet mit dem Erreichen des Referenzalters (Stand 2024 für Männer 65 Jahre und für Frauen 64 Jahre).
Nichterwerbstätige Personen müssen sich selbst bei der Ausgleichskasse ihres Wohnkantons melden und entsprechend registrieren lassen. Wichtig zu wissen ist, dass fehlende Beitragsjahre zu einer lebenslänglichen Kürzung der zukünftigen AHV-Altersrente führen können. Pro fehlendem Beitragsjahr reduziert sich der Rentenanspruch bei der AHV um rund 2.8 Prozent. Als nichterwerbstätig im Sinne der AHV gelten Personen, die in einem Jahr weniger als neun Monate oder weniger als 50 % der üblichen Arbeitszeit erwerbstätig waren. Ehegatten, die sich beispielsweise vollumfänglich um die Kinderbetreuung kümmern und nichterwerbstätig sind, müssen keine eigenen Beiträge bezahlen. Sie sind über den erwerbstätigen Ehegatten versichert, sofern dieser im Sinne der AHV als erwerbstätig gilt und mindestens den doppelten Mindestbeitrag in der Höhe von aktuell CHF 1'028 (Stand 2024) in die AHV einbezahlt hat.
Als Grundlage für die Berechnung der AHV-Nichterwerbstätigenbeiträge dienen das Vermögen und das 20-fache jährliche Renteneinkommen. Bei Verheirateten bemessen sich die Beiträge für jeden Ehegatten auf die Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens. Dies notabene auch im Güterstand der Güterteilung. Basis bilden die Faktoren gemäss definitiver Steuerveranlagungsverfügung, welche durch die Steuerbehörden den Ausgleichskassen zur Verfügung gestellt werden.
Stand 2024 betragen die Nichterwerbstätigen-Beiträge je nach konkreten Verhältnissen (Renteneinkommen und Vermögen) mindestens CHF 514 und maximal CHF 25'700 pro Person und Jahr beziehungsweise pro Ehepaar jährlich CHF 1’028 minimal und CHF 51’400 maximal. Zusätzlich sind noch Verwaltungskosten geschuldet. Die zuständige Ausgleichskasse stellt pro Jahr eine Übersicht über die geleisteten Beiträge aus. Diese können im Rahmen der privaten Steuererklärung vollumfänglich als Abzug vom steuerbaren Einkommen berücksichtigt werden.
Die Formulare sowie Online-Berechnungen der geschuldeten Nichterwerbstätigen-Beiträge können auf der Website der zuständigen Ausgleichskasse berechnet werden. Diesbezüglich sei erwähnt, dass eine proaktive Handlung durch die nicht erwerbstätige Person notwendig ist. Wer sich nicht selbst bei der AHV um die persönliche Beitragspflicht kümmert, muss zudem mit hohen Verzugszinsen von fünf Prozent rechnen. Wer diese Pflicht, sich bei der AHV aktiv zu anzumelden, ignoriert, muss aufgrund der Verjährung von fünf Jahren damit rechnen, dass eine Nachrechnung eintrifft. Es kommt in der Praxis oft vor, dass vermögende, noch nicht im Rentenalter stehende Ehepaare diese Pflicht ignorieren oder schlicht nicht kennen und dann eine Rechnung über CHF 257'000 zuzüglich fünf Prozent Verzugszinsen erhalten.
Tipp für Studierende
- Sofern keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, solltest du dich bei der Ausgleichskasse deines Wohnsitzkantons als nichterwerbstätige Person registrieren. Entsprechend musst du ab 1. Januar nach dem 20. Geburtstag Nichterwerbstätigen-Beiträge bezahlen.
- Da in den meisten Fällen kein oder nur sehr bescheidenes Vermögen und keine Renteneinkünfte vorliegen dürften, dürfte der Mindestbetrag von CHF 514 pro Jahr (zuzüglich Verwaltungskosten) geschuldet sein.
- Die bezahlten Beiträge sind steuerlich abzugsberechtigt.
- Sofern Beiträge auf Erwerbseinkommen abgerechnet worden sind, können diese an die Nichterwerbstätigenbeiträge angerechnet werden. Hierzu bedingt es aber, dass für die Anrechnung ein formloser Antrag unter Beilage eines Lohnausweises oder einer Lohnabrechnung zu stellen ist.
- Durch eine lückenlose Versicherung bei der AHV vermeidest du Rentenkürzungen im Pensionierungsalter aufgrund fehlender Beitragsjahre.
AHV-Lücken
Wie bereits erwähnt, können fehlende Beitragsjahre zu einer lebenslangen Rentenkürzung führen und sind daher unbedingt zu vermeiden. Um Beitragslücken feststellen zu können, lohnt es sich, regelmässig – aufgrund der Verjährungsfristen mindestens alle fünf Jahre – den individuellen Kontoauszug bei der zuständigen Ausgleichskasse einzuverlangen. Das kann online und kostenlos vorgenommen werden. Allenfalls können aber auch bezahlte Beiträge aus den «Jugendjahren» zwischen 18 und 20 Jahren zur Schliessung von später entstandenen Beitragslücken im Rahmen der Rentenberechnung durch die AHV angerechnet werden und es resultiert je nachdem keine Beitragslücke. Es lohnt sich, diese Berechnungen und Abklärungen mit einer Fachperson vorzunehmen. Werden Beitragslücken festgestellt, können diese innerhalb von fünf Jahren aufgefüllt und die entsprechenden Beiträge nachgezahlt werden. Neben den Beiträgen wird die Ausgleichskasse allenfalls auch einen Verzugszins von fünf Prozent in Rechnung stellen. Die Beiträge und auch die Zinsen sind steuerlich abzugsberechtigt. Hingegen können Beitragslücken, die mehr als fünf Jahre zurückliegen, nicht mehr nachgezahlt werden und führen allenfalls zu einer lebenslangen Rentenkürzung. Es sei denn, man erreicht auf andere Weise die notwendigen Beitragsjahre (gegenwärtig 44). Zum Beispiel durch anrechenbare Beitragsjahre nach Erreichen des AHV-Referenzalters.
Die 2. Säule: Berufliche Vorsorge (BVG)
Die zweite Säule, besser bekannt als die berufliche Vorsorge, wird durch das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) reguliert. Das Ziel der zweiten Säule ist, dass versicherten Personen beim Eintreten eines Versicherungsfalles zusammen mit den Leistungen aus der 1. Säule (AHV) die Fortsetzung ihres gewohnten Lebensstandards ermöglicht wird. Als Leistungsfall gelten die Beendigung der Arbeitstätigkeit infolge Erreichens des Referenzalters, der Tod oder eine Invalidität.
Die berufliche Vorsorge wird in zwei Bereiche unterteilt. Es gibt den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge, welcher vom Gesetzgeber vorgeschrieben wird, und es gibt den ausserobligatorischen Teil. Der überobligatorische wie auch der unterobligatorische Teil, auch als freiwillige berufliche Vorsorge oder Säule 2b bezeichnet, kann zusätzlich zum obligatorischen Teil umgesetzt werden. Weiter gehören auch die Unfallversicherung, die Krankentaggeldversicherung und die Freizügigkeitseinrichtungen zur 2. Säule.
Im Unterschied zur AHV kann in der 2. Säule einiges mehr für das Alter angespart werden und mit dem ausserobligatorischen Teil – insbesondere im Überobligatorium – der beruflichen Vorsorge, kann auch die Risikoschutzabdeckung im Todes- oder Invaliditätsfall deutlich umfassender gestaltet respektive besser versichert werden. Zudem kann das Vorsorgekapital durch freiwillige Einkäufe respektive freiwillige Einzahlungen ausgebaut werden. Dies ist in der 1. Säule nicht möglich.
Pensionskasse (PK)
Die Pensionskasse ist eine Einrichtung zur Sicherstellung der Altersvorsorge für erwerbstätige Personen und deckt einen wichtigen Teil der 2. Säule in der Schweiz ab. Sie hat zum Ziel, den gewohnten Lebensstandard abzusichern. Innerhalb einer Pensionskasse kann es einen obligatorischen und einen ausserobligatorischen Teil geben. In der Schweiz ist die Arbeitgeberin dazu verpflichtet, alle Arbeitnehmenden, die das 17. Altersjahr überschritten haben und einen AHV-pflichten Jahreslohn von mehr als CHF 22'050 (BVG-Eintrittsschwelle, Stand 2024) verdienen, in der beruflichen Vorsorge zu versichern. Die obligatorische berufliche Vorsorge deckt Lohnbestandteile bis zu einem Einkommen von CHF 88'200 (Stand 2024) ab. Bis zum 1. Januar nach Vollendung des 24. Altersjahres wird man lediglich gegen die Risiken bei Todesfall und Invalidität (Risikoteil) versichert. Erst ab Vollendung des 24. Altersjahres beginnt der Prozess des Alterssparens (Sparprozess).
Koordinierter Lohn
Massgebend für die obligatorischen Pensionskassenbeiträge für das Alterssparen ist der koordinierte Lohn. Aber was heisst koordinierter Lohn? Das BVG sieht einen Koordinationsabzug von CHF 25'725 (Stand 2024) vor, welcher vom AHV-pflichtigen, maximal im BVG versicherbaren Jahreslohn von CHF 88'200 in Abzug gebracht wird. Dieser koordinierte Lohn dient dazu, dass Lohnbestandteile der AHV-Rente (1. Säule) nicht im BVG (2. Säule) doppelt versichert werden – siehe Beispiel.
Ist das Resultat des koordinierten Lohnes tiefer als CHF 3'675, wird dieser auf diesen Betrag als minimal versicherter BVG-Lohn festgelegt. Der maximale koordinierte Lohn im Rahmen der obligatorischen beruflichen Vorsorge beträgt CHF 62'475 (Stand 2024).
Die Altersgutschriften (Sparbeiträge) sind abhängig vom jeweiligen Altersjahr und werden anhand des koordinierten Lohnes, eingeteilt in vier Alterskategorien, berechnet. Aktuell (Stand 2024) sieht das Gesetz folgende Mindest-Sparbeiträge je Alterskategorie vor:
Die Beitragspflicht endet gemäss Gesetz – sofern im BVG-Reglement keine Abweichungen festgehalten sind – mit dem Erreichen des Referenzalters von 65 Jahren (Stand 2024).
Versicherungskomponenten
Nebst den Altersgutschriften sieht das BVG auch Versicherungskomponenten vor. Dabei werden Hinterlassenenleistungen, in Form einer Witwen- oder Witwerrente und Waisenrente, und Invalidenleistungen, in Form einer Invalidenrente und Kinderrente, abgedeckt.
Ausserobligatorische Vorsorge
Die ausserobligatorische respektive freiwillige Vorsorge entspricht dem gesamten Teil, welcher nicht vom Gesetz als Minimalvorgabe für alle Erwerbstätigen vorgeschrieben wird. Werden also freiwillig höhere Altersgutschriften im Vorsorgeplan versichert, welche über dem maximal koordinierten Lohn (Überobligatorium, ab CHF 88’200/Jahr, Stand 2024) oder unter dem Koordinationsabzug (Unterobligatorium, unter CHF 25’725/Jahr, Stand 2024) und/oder beispielsweise höhere Risikoleistungen versichert, so entspricht dies einer ausserobligatorischen Versicherung.
BVG-Guthaben
Sobald Versicherte das im AHV-Gesetz vorgesehene Referenzalter erreicht haben, können die Pensionskassengelder bezogen werden. Das angesparte BVG-Guthaben (Altersguthaben) kann als monatliche Rente, als einmalige Kapitalauszahlung oder als Kombination Rente und Kapital bezogen werden. Massgebend für die Möglichkeiten rund um den BVG-Bezug ist das jeweilige Reglement der Pensionskasse. Gemäss der Pensionskassenstatistik des Bundes betrug im Jahr 2022 die durchschnittliche jährliche Altersrente CHF 28'236. Die Altersrente berechnet sich aus der Höhe des vorhandenen Vorsorgevermögens und des Umwandlungssatzes der Pensionskasse. Beträgt das Vorsorgevermögen zum Zeitpunkt des Erreichens des Referenzalters CHF 500'000 und der Umwandlungssatz der Pensionskasse beispielsweise fünf Prozent, so erhalten Sie eine jährliche Pensionskassenrente von CHF 25'000, was einer monatlichen Rente von CHF 2'083.33 entspricht (CHF 500'000 x 5.0 % : 12 Monate). Das heisst: je höher das angesparte Kapital und je höher der Umwandlungssatz, desto höher fällt am Schluss die Rente aus.
Umwandlungssatz
Zur Verbesserung der Rente gibt es nur eine Lösung, welche versicherte Personen selbst in der Hand haben. Der Umwandlungssatz für den obligatorischen Teil der Altersvorsorge (aktuell 6.8 %, Stand 2024) wird vom Gesetzgeber festgelegt. Der Umwandlungssatz für den ausserobligatorischen Teil legt die jeweilige Pensionskasse fest. Oft weist die Pensionskasse nicht zwei unterschiedliche Umwandlungssätze einzeln aus, sondern nur einen einzigen, sogenannt umhüllenden Umwandlungssatz – also ein Mischsatz aus obligatorischem und ausserobligatorischem Teil. Am Umwandlungssatz kann also eine versicherte Person nichts bewegen. Einziger Hinweis dazu ist, dass man bei einer Ihnen gegenüber kommunizierten, anstehenden Reduktion eines Umwandlungssatzes den Zeitpunkt der geplanten Pensionierung überprüfen sollte. Wird dieser Umwandlungssatz beispielsweise auf den 1.1. des Folgejahres angepasst und Ihre Pensionierung steht kurz darauf bevor, kann sich eine vorzeitige Pensionierung per 31.12. – also vor Einführung eines reduzierten Umwandlungssatzes – lohnen. Gleiches gilt auch umgekehrt, bei einer allfälligen Erhöhung dieses wichtigen Satzes. Die Lösung rund um eine persönliche Rentenaufbesserung liegt also bei der zweiten Komponente für die Berechnung der Altersrente – also bei der Höhe des vorhandenen Vorsorgevermögens. Dieses kann nämlich durch freiwillige Einzahlungen verbessert werden. Diese Einzahlungen werden im Fachjargon auch als freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse bezeichnet und können analog den Einzahlungen in die Säule 3a (freiwillige, gebundene Selbstvorsorge) vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Die Höhe der zulässigen Einkäufe entspricht der durch die Lohnerhöhungen entstandenen Vermögenslücke, welche seit dem Versicherungsbeginn (in der Regel ab Alter 25, BVG-Reglement beachten) rechnerisch vorhanden ist. Dazu wird berechnet, wie hoch das Vorsorgevermögen der versicherten Person heute wäre, wenn sie seit dem Eintritt in die Pensionskasse den heutigen Lohn zu den heute geltenden Sparbeiträgen versichert hätte. Von dieser Summe wird das aktuell vorhandene Vorsorgevermögen abgezogen – übrig bleibt möglicherweise (meistens) eine Lücke im BVG, welche durch freiwillige Einzahlungen geschlossen werden kann. Neben der Erhöhung des Kapitals durch zusätzliche Einzahlungen in das BVG reduziert sich im Zeitpunkt der Einzahlung auch das steuerbare Einkommen. Ergänzend ist zu beachten, dass dadurch auch steuerbares Vermögen in die steuerfreie Vorsorge transferiert wird, was nebst Reduktion der Einkommenssteuer auch die Vermögenssteuer optimiert. Der gesparte Steuerfranken optimiert damit die persönliche Vermögenssituation zusätzlich. Die Planung von freiwilligen Einzahlungen in die Pensionskasse sollte sorgfältig und unter Beizug von Vorsorge-/Steuerspezialisten gemacht werden. Freiwillige Einzahlungen lösen steuerlich beachtenswerte Fristen – sogenannte Sperrfristen (Frist von drei Jahren ab Einzahlungsdatum, Stand 2024) – für anstehende Bezüge aus. Auf einen häufig vorkommenden möglichen Bezug vor der Pensionierung gehen wir nachfolgend ein.
Vorzeitiger Bezug des Vorsorgevermögens
Das Vorsorgevermögen kann nämlich nicht nur bezogen werden, wenn das Referenzalter erreicht wird, sondern auch für andere Zwecke. Beispielsweise kann das angesparte Vorsorgevermögen (maximal vorhandenes Altersguthaben per 50. Altersjahr, im Vorsorgeausweis ersichtlich) im Rahmen eines Wohneigentumsvorbezug (WEF) vorzeitig für den Bau oder Kauf einer selbstgenutzten Immobilie bezogen werden. Aber Achtung! Wird ein solcher WEF-Bezug vollzogen, muss dieser komplette Betrag (Vorbezug) wieder zurückbezahlt werden, bevor wieder neue freiwillige Einzahlungen steuerwirksam getätigt werden können. Es gilt also das Prinzip «Rückzahlung vor Einzahlung». Eine Alternative zum Bezug stellt die Verpfändung dar. Es besteht die Möglichkeit, dass man die Pensionskassengelder bei einem Kauf einer Immobilie lediglich verpfändet und so das für den Kauf eines Eigenheims notwendige Eigenkapital (sogenannte Eigenmittel, in der Regel 20 % vom Kaufpreis) sicherstellt. Die Vorteile dabei sind, dass einerseits weiterhin steuerbegünstigte Einzahlungen durchgeführt werden können und andererseits der Zins im BVG auf dem vorhandenen Kapital weiter Erträge generiert. Dieser Zins ist eine sehr wichtige Komponente im BVG und wird deshalb im Fachjargon auch als sogenannter dritter Beitragszahler bezeichnet (Arbeitgeberbeitrag + Arbeitnehmerbeitrag + Zins mit Zinseszins).
Arbeitnehmende ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber (ANobAG)
Das Feld der beruflichen Vorsorge deckt also alle erwerbstätigen Personen ab, welche eine Arbeitgeberin und einen Lohn über der BVG-Eintrittsschwelle (CHF 22'050, Stand 2024) haben. Doch was ist mit selbständigerwerbenden Personen, Arbeitnehmenden mit mehreren Anstellungen oder Arbeitnehmenden eines Arbeitgebers mit Sitz im Ausland (ANobAG)? Diese können sich freiwillig bei der Stiftung Auffangeinrichtung des Bundes versichern lassen. Selbständigerwerbende Personen können sich auch bei der Pensionskasse ihres Personals oder bei einer Pensionskasse des Berufsverbands versichern lassen. Alternativ können Erwerbstätige, welche keiner Pensionskasse angehören, als Ausgleich freiwillig höhere Beiträge in die Säule 3a einzahlen. Darauf gehen wir nachfolgend noch ein. In der Praxis erleben wir aber oft, dass nur wenige Personen sich freiwillig bei der Stiftung Auffangeinrichtung versichern lassen wollen. Meist mit der Begründung, dass sie selber Geld ansparen wollen. Hauptsache sparen, das unterstützen wir sehr, allerdings sollte dabei der Versicherungsschutz (Risikoabsicherung für Invalidität und Tod) nicht vergessen werden. Hier gibt es alternative Möglichkeiten, um Risiken dieser Art zu minimieren beziehungsweise abzusichern.
Freizügigkeitseinrichtung (FZE)
Eine Freizügigkeitseinrichtung, besser bekannt als Freizügigkeitsstiftung, ist im Grundsatz eine Organisation, bei welcher die vorhandenen Pensionskassengelder aus bestimmten Gründen bis zum Erreichen des Referenzalters oder bis zur Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit parkiert werden können.
Gründe für den Transfer der Vorsorgegelder auf diesen Parkplatz respektive auf ein Freizügigkeitskonto können ein Unterbruch zwischen einem Stellenwechsel, eine vorübergehende Arbeitspause, ein Sabbatical, eine Schwangerschaftspause, eine Auswanderung oder ein Studium sein. Auch im Rahmen einer Ehescheidung kann es vorkommen, dass ein Ehegatte im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung Geld aus der Vorsorge des anderen Ehegatten erhält (sogenannter Vorsorgeausgleich). Der empfangende Ehegatte bringt einen solchen Betrag entweder in seine aktive Vorsorge ein, weil eine BVG-versicherte Erwerbstätigkeit vorliegt, oder sie parkiert diese Gelder eben auf einem Freizügigkeitskonto. Man benötigt also ein Freizügigkeitskonto, damit man die vorhandene Austrittsleistung – auch Freizügigkeitsleistung genannt – während einer Zeit, in welcher man nicht mehr oder nur noch in einem sehr tiefen Pensum unterhalb der Eintrittsschwelle erwerbstätig ist, parkieren zu können.
Im Vergleich zur Pensionskasse, welche man als Arbeitnehmende nicht selbst wählen kann, kann man die Freizügigkeitsstiftung selbst auswählen und grundsätzlich jederzeit wechseln. Mittlerweile gibt es sehr viele Anbieter, insbesondere auch solche für ein digitales Freizügigkeitskonto. Bei der Eröffnung eines Freizügigkeitskontos sollte man unbedingt auf die Kosten, die Nutzerfreundlichkeit, das Anlageangebot, Zusatzdienstleistungen wie eine Risikoversicherung und bei einer Auswanderung auf den Sitz der Stiftung schauen. Ganz wichtig und unbedingt zu beachten ist die Klärung der Möglichkeit, dass man die Gelder beim Übertrag nicht nur auf einen, sondern auf zwei Parkplätze aufteilen kann. Wir von relevate bieten diese einfache Lösung an, wo auf einer einzigen digitalen Plattform direkt zwei verschiedene Parkplätze belegt werden können. Die Steuergesetze in der Schweiz bieten hier Möglichkeiten, im späteren Verlauf der Lebensphasenplanung Steuern zu sparen und damit von einer zusätzlichen Steuerrendite zu profitieren.
Bei der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit muss die Freizügigkeitsleistung je nachdem wieder in die neue Pensionskasse eingebracht werden. Wir empfehlen Ihnen, rund um diesen Transfer zurück in den Kreislauf der obligatorischen beruflichen Vorsorge einen Vorsorgespezialisten zu kontaktieren.
Tipp für Studierende
- Falls du bisher erwerbstätig und bei einer Pensionskasse versichert warst und jetzt ein Vollzeit-Studium antrittst, kannst du dein bisher angespartes Vorsorgekapital auf eine oder zwei Freizügigkeitsstiftungen übertragen.
- Bei einem späteren Wiedereintritt ins Erwerbsleben beziehungsweise in eine aktive Pensionskasse kann das Freizügigkeitsguthaben wieder in die neue Pensionskasse eingebracht werden. Gerade auch in diesem Zusammenhang kann die ursprünglich gemachte Aufteilung auf zwei Freizügigkeitsparkplätze spannende Optionen bieten.
Unfallversicherung (UVG)
Ein weiterer Bestandteil der 2. Säule ist die Unfallversicherung. In der Schweiz müssen alle Personen gegen Unfall versichert sein. Für die Versicherung bei Erwerbstätigen ist je nach Arbeitspensum pro Woche die Arbeitgeberin verantwortlich. Beim UVG unterscheidet man die Versicherung für Berufsunfälle und Nichtberufsunfälle. Eine arbeitnehmende Person, welche für mindestens acht Stunden pro Woche bei derselben Arbeitgeberin beschäftigt ist, ist auch gegen Nichtberufsunfälle (Freizeitunfälle) versichert.
Wer seine bisherige Arbeitsstelle aufgibt oder beispielsweise einen unbezahlten Urlaub bezieht, kann von einer Nachdeckung für Nichtberufsunfälle während 31 Tagen profitieren. Anschliessend an diese Nachdeckungsfrist kann der Versicherungsschutz bei dieser Versicherungsgesellschaft noch während längstens sechs Monaten verlängert werden (Abredeversicherung). Bei optimaler Gestaltung kann man damit einen sehr wichtigen und umfangreichen Versicherungsschutz auf insgesamt rund sieben Monate ausdehnen. Danach oder als Alternative kann man die Unfallversicherung auch bei der Krankenkasse einschliessen. Zu beachten ist, dass ein Versicherungsschutz bei der Unfallversicherung im Vergleich zur Absicherung über eine Krankenkasse (Einschluss Unfallversicherung) in der Regel leicht teurer ist, aber erhebliche Vorteile bietet. Neben Heilungskosten bezahlt eine Unfallversicherung zusätzliches Lohn-Taggeld von 80 % des zuletzt erzielten Lohnes. Wer also einen längeren Urlaub infolge eines Unfallereignisses vorzeitig abbrechen muss, erhält danach eine Lohnausfallentschädigung. Mit diesem Lohnersatz kann man in der Erholungsphase finanziell überleben und vielleicht sogar wieder etwas Geld sparen, um hoffentlich die Reise zu einem späteren Zeitpunkt nochmals anzutreten.
Nichterwerbstätige Personen, wie beispielsweise Hausfrauen und -männer, Kinder, Vollzeitstudierende und Rentnerinnen und Rentner müssen sich zwingend über die Krankenkasse gegen Unfälle versichern lassen. Erwerbstätigen Personen hingegen empfehlen wir, zu prüfen, ob die Unfallversicherung in der Krankenkasse sistiert respektive ausgeschlossen ist. In der Praxis kommt es oft vor, dass Personen sowohl Beiträge als Arbeitnehmende (Lohnabzug) aber auch via Krankenkasse für eine Unfallversicherung doppelt bezahlen.
Tipp für Studierende
- Warst du bisher erwerbstätig und durch deine Arbeitgeberin bei einer Unfallversicherung versichert und trittst nun in ein Vollzeit-Studium ein, prüfe die Möglichkeit der Abredeversicherung bei der bisherigen Unfallversicherung deines Arbeitgebers.
- Nach dem Austritt bei deinem bisherigen Arbeitgeber geniesst du eine Nachdeckung von 31 Tagen.
- Nach Ablauf der Nachdeckung kannst du eine Abredeversicherung für längstens sechs Monate abschliessen.
- Nach Ablauf der Abredeversicherung ist die Unfallversicherung zwingend bei der Krankenkasse einzuschliessen.
Krankentaggeldversicherung (KTG)
Eine Krankentaggeldversicherung erbringt bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit Taggeldleistungen. Diese betragen in der Regel 80 % des versicherten Verdienstes und werden für eine gewisse Dauer ausgerichtet. Der Abschluss einer Krankentaggeldversicherung ist für Arbeitgebende freiwillig, es sei denn, ein allgemeinverbindlicher GAV schreibt diese vor. Da der Arbeitgeber nebst Unfall auch bei Krankheit der Mitarbeitenden eine gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht hat, kann er sich mit dem Abschluss einer Krankentaggeldversicherung teilweise vor diesen Kosten schützen. Schliessen Arbeitgebende eine solche Versicherung ab, dürfen sie die fällige Prämie auf Mitarbeitende überwälzen. Sehr viele Arbeitgebende tragen heute im Rahmen von Benefits für das Personal – Stichwort «Employer Branding» – allerdings freiwillig die gesamte Prämie, was übrigens auch bei der Unfallversicherung (Nichtberufsunfallprämie, NBU) möglich wäre.
Die 3. Säule: Private Vorsorge
Die letzte Säule im Verbund des Drei-Säulen-Prinzips ist die 3. Säule, welche auch als die private Vorsorge (gebundene Selbstvorsorge) bezeichnet wird. Die dritte Säule ist weder vom Staat noch von einem Arbeitgeber abhängig, sondern ist frei zugänglich für alle AHV-pflichtigen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Sie dient als Ergänzung zur 1. und 2. Säule für zusätzliche Bedürfnisse im Alter oder bereits vorher.
In der dritten Säule unterscheidet man zwischen der gebundenen und der freien Vorsorge oder auch Säule 3a und 3b genannt.
Säule 3a: Gebundene Vorsorge
Die gebundene Vorsorge 3a kann mit steuerlich abzugsfähigen Einzahlungen aufgebaut werden. Jährlich darf pro Person ein maximaler Betrag eingezahlt werden, welcher vollumfänglich bei den Steuern in Abzug gebracht werden kann. Der maximale Betrag für Erwerbstätige mit einem Pensionskassenanschluss beträgt im Jahr 2024 CHF 7'056 und für Erwerbstätige ohne Pensionskasse bis zu 20 % des Nettoerwerbseinkommens, maximal CHF 35'280.
Die Säule-3a-Gelder können frühestens fünf Jahre vor und müssen spätestens fünf Jahre nach dem ordentlichen Referenzalter bezogen werden. Wie in der 2. Säule gibt es auch bei den Säule-3a-Geldern bestimmte Gründe, welche einen Vorbezug der Gelder erlauben. Diese Gründe sind zum Beispiel die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit, der Erwerb einer selbstbewohnten Immobilie, die direkte oder indirekte Amortisation einer Hypothek, die Abreise aus der Schweiz (Auswanderung) oder der Bezug einer vollen IV-Rente.
Die Vorteile einer Säule-3a-Lösung sind unter anderem
- Beitrag zur finanziellen Unabhängigkeit im Alter
- Steuervorteile – volle Abzugsfähigkeit der Einzahlungen
- Keine minimale Einzahlungshöhe
- Während der Laufzeit steuerfreie Dividendenerträge / Keine Besteuerung des angesparten Kapitals mit der Vermögenssteuer
Die Nachteile einer Säule 3a-Lösung sind möglicherweise
- Kein freier Bezug der gebundenen Gelder
- Liquiditätsverlust durch Einzahlung
Die Eröffnung eines Säule 3a-Kontos ist schon in frühen Jahren sinnvoll, denn dadurch kann auf einfache Art und Weise gespart werden und zudem kann man die Steuern reduzieren. Im weiteren kann man aufgrund des langen Anlagehorizonts von den Entwicklungen der Anlagemärkte (Börse) respektive vom Zinseszinseffekt profitieren. Aufgrund dessen, dass die Säule-3a-Konti nicht alle gleichzeitig bezogen werden müssen, lohnt es sich in der Regel, ab ungefähr CHF 50’000 jeweils ein neues Konto zu eröffnen. Dadurch kann in den meisten Kantonen in der Schweiz zusätzlich Geld beim Bezug der 3a-Gelder gespart werden. Für Detailabklärungen empfehlen wir den Beizug einer Fachperson.
Säule 3b: Freie Vorsorge
Die Säule 3b ist die freie Vorsorge. Zur Säule 3b werden sämtliche Vermögenswerte dazugerechnet, welche ausserhalb der ersten, zweiten und der Säule 3a vorhanden sind. Dazu zählen unter anderem auch Lebensversicherungen.
In der Säule 3b gibt es keine nennenswerten steuerlichen Privilegien. Das heisst, dass die Einzahlungen in die Säule 3b im Unterschied zu Einzahlungen die Säule 3a steuerlich nicht beziehungsweise nur im Rahmen des allgemeinen Versicherungsabzugs, abzugsberechtigt sind.
Vorsorge für Selbständigerwerbende
Im nachfolgenden Abschnitt erklären wir das Schweizer Vorsorgesystem für selbständigerwerbende Personen. Als selbständigerwerbend wird eine Person bezeichnet, die eine eigene Firma in Form einer Personengesellschaft wie beispielsweise eine Einzelfirma oder eine Kollektivgesellschaft besitzt oder freiberuflich ihre Dienstleistungen gegen ein Honorar oder eine Gebühr anbietet.
Staatliche Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV)
Die AHV unterscheidet zwischen Unselbständigerwerbenden, Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen. Diese Unterscheidung ist in der Praxis gerade bei Unselbständig- und Selbständigerwerbenden nicht immer ganz einfach. Diesbezüglich sei bspw. der jahrelange Rechtsfall «Uber» zu erwähnen, wo vermeintlich selbständigerwerbende Fahrdienstarbeiter durch die Gerichte plötzlich doch in «Angestellte von Uber» umqualifiziert wurden. Als unselbständigerwerbend gilt unter anderem, wer weisungsgebunden und vom Arbeitgeber regelmässig entlöhnt und i.d.R. mit einem Arbeitsvertrag ausgestattet ist. Die Merkmale des Selbständigerwerbenden sind:
- Tritt selbst und ständig nach aussen mit einem Firmennamen auf
- Trägt eigenes wirtschaftliches Risiko (sog. Debitorenrisiko)
- Kann Betriebsorganisation frei wählen
- Ist für mehrere Auftraggeber tätig (in der Regel mindestens drei)
Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine selbständige Erwerbstätigkeit erfüllt sind, erfolgt im Rahmen der Anmeldung bei der Ausgleichskasse aufgrund einer Einzelfallprüfung. Einzig die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) kann – abgesehen von einem allfälligen Gerichtsentscheid wie im Falle «Uber» geschehen - in speziellen Fällen mit gleicher Kompetenz wie die Ausgleichskasse (AHV) entscheiden, ob jemand in die eine oder andere Kategorie gehört. Diese beiden Entscheidungsträger arbeiten diesbezüglich Hand-in-Hand.
Die Beitragspflicht von selbständigerwerbenden Personen in der AHV startet ebenso ab dem 1. Januar nach dem 17. Geburtstag und endet mit der Aufgabe der Erwerbstätigkeit. Selbständigerwerbende, die über das Referenzalter hinaus erwerbstätig sind, bleiben weiterhin auf ihrem Einkommen beitragspflichtig. Sie können aber ebenfalls von einem AHV-Rabatt respektive dem Rentnerfreibetrag (Stand 2024: CHF 16'800) profitieren.
Ab einem Einkommen von CHF 58'800 (Stand 2024) beträgt der Beitragssatz durchgehend 10.00 %. Unter diesem Einkommen ist ein progressiver Satz anwendbar, welcher im Fachjargon auch «sinkende Beitragsskala» genannt wird. Diese Skala beginnt bei CHF 9'800 mit einem Satz von 5.371 % (Stand 2024). Wer weniger als CHF 9'800 pro Jahr an Gewinn aus selbständiger Tätigkeit erzielt, bezahlt den Mindestbeitrag von CHF 514 (Stand 2024). Selbständige Personen müssen die ganzen Beiträge selbst bezahlen, dazu gehören auch Beiträge für Verwaltungskosten und an die Familienausgleichskasse.
Die persönlichen Beiträge des selbständigerwerbenden Unternehmers an die AHV bilden geschäftsmässig begründeten Aufwand und sind entsprechend steuerlich abzugsfähig. Die Beiträge, die ein Selbständigerwerbender als Arbeitgeber für seine Mitarbeitenden bezahlt, können ebenfalls vollumfänglich vom Betriebsergebnis und damit auch steuerlich abgezogen werden. Diese Beiträge für Mitarbeitende sind wie weiter oben beschrieben (Vorsorge für Unselbständigerwerbende) abzurechnen.
Die 2. Säule: Berufliche Vorsorge (BVG)
Selbständigerwerbende unterstehen grundsätzlich nicht der 2. Säule. Sie können sich freiwillig in der zweiten Säule versichern. Aktuell (Stand 2024) gibt es dazu folgende Möglichkeiten:
- Versicherung bei der Pensionskasse ihrer Mitarbeitenden
- Versicherung bei der Pensionskasse eines Berufs- oder Branchenverbandes
- Versicherung bei der Auffangeinrichtung
Betreffend Berechnung des versicherten Lohnes, Beitragspflicht usw. wird grundsätzlich auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Da bei Selbständigerwerbenden das Einkommen dem jährlich erzielten Gewinn entspricht, unterliegt dies dem Geschäftsgang und damit Schwankungen. Hier sind besondere Bedingungen zu beachten, weshalb wir den Beizug einer Fachperson (Vorsorge- und/oder Steuerexperten) empfehlen.
Selbständigerwerbende haben die Möglichkeit, innerhalb von zwölf Monaten nach Aufnahme ihrer Tätigkeit das bisherige Vorsorgekapital bar als Startkapital zu beziehen. Machen sie nicht von dieser Möglichkeit Gebrauch und unterstellen sich nicht freiwillig der Pensionskasse, wird ihr Vorsorgekapital nach Austritt parkiert und auf die Freizügigkeit überwiesen.
Unfallversicherung (UVG) und Krankentaggeldversicherung (KTG)
Selbständigerwerbende sind gesetzlich nicht verpflichtet, sich gegen Unfälle zu versichern, sie können sich jedoch freiwillig versichern, was auch dringend empfohlen wird. Dasselbe gilt auch für die Krankentaggeldversicherung. Auch diese freiwilligen Kosten zur Absicherung im Unfall- oder Krankheitsfall stellen geschäftsmässig begründeten Aufwand dar und sind entsprechend steuerlich abzugsfähig. Im Gegenzug stellen sowohl bei Selbständigerwerbenden wie auch bei Angestellten (unselbständige) erhaltene Taggeldzahlungen aus der Unfall- oder Krankentaggeldversicherung steuerbaren Einkommensersatz dar.
Säule 3a: Gebundene Vorsorge
Selbständigerwerbende haben ebenso die Möglichkeit, steuerbegünstigt in die Säule 3a einzuzahlen. Dazu gibt es verschiedene Produkte, welche teilweise «nur» das reine Alterssparen abdecken oder eine Kombination von Alterssparen und weiteren Versicherungsdeckungen (Invalidität, Tod usw.) ermöglichen.
Der maximale Betrag für Selbständigerwerbende mit einem Pensionskassenanschluss beträgt im Jahr 2024 CHF 7'056 und für Selbständigerwerbende ohne Pensionskasse bis zu 20 % des gesamten Nettoerwerbseinkommens (in der Regel 20 % des jährlich erzielten Gewinns), maximal CHF 35'280.
Berechnungsbeispiele max. Beitrag Säule 3a von Selbständigerwerbenden ohne PK-Anschluss (Basis 2024):
Auch in der Säule 3a besteht analog der 2. Säule die Möglichkeit, das Gesuch für einen Kapitalbezug von bisher angesparten Geldern infolge Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit innerhalb von zwölf Monaten zu stellen. Der Bezug dieser Gelder wird übrigens von der Vorsorgeeinrichtung, vor allem aber auch von den Steuerämtern, geprüft. Missbräuche solcher Bezüge sollen so weit wie möglich ausgeschlossen werden.
Säule 3b: Freie Vorsorge
Selbständigerwerbende können ihre Vorsorge freiwillig mit der Säule 3b ergänzen. Siehe dazu unsere Ausführungen oben im Bereich der Vorsorge für Unselbständigerwerbende.